Seit 13 Jahren unterwegs für Kinder – Die KarmaRiders

Karmariders

Vor 13 Jahren hatten fünf Studenten die Idee, gemeinsam etwas bewegen zu wollen. Sie gründeten die KarmaRiders. Jahr für Jahr bewegen sie hunderte Radfahr-Begeisterte, sich vom Fahrrad aus für den guten Zweck einzusetzen. Immer wieder im August radeln sie durch das Rhurgebiet und sammeln dabei Spenden für ihre beiden Herzensprojekte, das Waisenheim Snehalaya und die Abendschulen für Jugendliche im Nordostindien. Eine spektakuläre Radtour durch Indien, die damals auch ein großes Echo in den Medien erfuhr, war der Auftakt der bis heute erfolgreichen Initiative.

Interview mit Nils Petersen, Gründungsmitglied des KarmaRiders e.V.

Welche Idee steckt hinter den KarmaRiders?

Unser Motto lautet: Unterwegs für Kinder. Das hat sich aus der Redewendung „um etwas zu bewegen, muss man sich selbst bewegen“ entwickelt. Und so organisieren wir im Wesentlichen Radtouren als Spendenevents.

Wie schafft Ihr es, so viele Menschen zu überzeugen, mitzuradeln?

Das wissen wir offen gestanden selbst nicht so genau. Wir haben in jedem Jahr (außer es ist gerade eine weltweite Pandemie) ca. 250 Mitradler. Davon sind ca. 100 Wiederholungstäter. Ich glaube, dass die Motivation der Mitradler sehr unterschiedlich ist. Besonders froh und stolz sind wir darüber, dass ca. 1/3 unter 18 Jahren ist. Es bedeutet uns sehr viel, den jungen Leuten Werte mit auf den Weg zu geben.

Was muss man tun, um mitradeln zu dürfen?

Eigentlich bedarf es nur einer Anmeldung. Ein Fahrrad sollte man sich noch besorgen. Wir erheben keine Gebühr, versuchen aber deutlich zu machen, warum wir die Tour veranstalten. Wir wissen, wie wichtig jeder Euro in Indien ist. Für manchen sind allerdings 10 Euro mehr als für andere 100 und daher ist es uns eigentlich wichtiger, dass die Menschen die Idee teilen: Etwas für andere tun. Sich für andere anstrengen.

Wieviele Sponsoren konntet Ihr bereits gewinnen?

Wir sind nicht originär auf der Suche nach Sponsoren. Das machen die Mitradler selbst, die sich pro gefahrenen Kilometer Sponsoren suchen sollen. Aber so sind in den nunmehr 12 Jahren 250.000 Euro zusammengekommen. Dafür sind alle zusammen übrigens ca. 180.000 Kilometer gefahren.

Wie seid Ihr zu Eurem Namen gekommen?

Wir haben einen Namen gesucht, der in Indien und in Deutschland funktiomiert. „Riders“ war da irgendwie logisch. Karma wiederum steht für „gute Taten“, auch wenn es ja eher bedeutet, dass jede Handlung eine Folge hat. Zudem assoziieren es viele mit Indien. In Indien selbst stellte sich der Name allerdings als etwas kontroverser heraus. Hier spielt einerseits Religion eine größere Rolle im Alltag, zudem arbeiten wir dort mit einem katholischen Orden zusammen. Da sorgte es schon für viele Fragen, warum wir uns dann eines buddhistischen Wortes bedienten.

Wie seid auf Childaid Network aufmerksam geworden?

Wir wollten gegen Ende unseres Studiums damals etwas „zurück geben“. Wir waren uns alles darüber im Klaren, wieviel Glück wir im Leben gehabt haben. Da zwei von uns im Rahmen des Studiums mehrfach Kontakte und Beziehungen zu Afrika geknüpft hatten, wollten wir eigentlich ein afrikanisches Projekt unterstützen. Auf der Suche nach einem Partner sind wir dann allerdings auf Childaid Network gestoßen. Der Ansatz, mit Bildung vielfaches zu bewirken, hat uns auf Anhieb überzeugt.

Warum habt Ihr Euch das Patenprojekt „Snehalaya“ ausgesucht?

Wir waren im Jahr 2008 auf unserer 2-monatigen Radtour in den Projektgebieten für insgesamt sechs Tage in Guwahati. Die Grundsteinlegung des Child-Right-Centres haben wir live miterlebt. Das war ein unvergesslicher Moment. Aber uns hat vor allem Father Lukose, der geistige Vater dieses Projektes, tief beeindruckt. Die Kinder von damals haben wir über viele Jahre immer wieder gesehen und es hat uns mit Freude und auch Stolz erfüllt, wie sie gewachsen sind und sich zu Persönlichkeiten entwickelt haben, die in der Lage sind ihr Leben selbstständig zu meistern.

Was motiviert Euch, nach 13 erfolgreichen Touren immer weiter zu machen?

Die Motivation speist sich für viele von uns aus den Erfahrungen, die wir in Indien selbst gemacht haben. Das hat uns einfach nachhaltig beeindruckt. Aber wir haben auch neue Teammitglieder, die noch nie in Indien waren, die wir aber offenbar anstecken konnten.

Im Team sagen wir oft: „Wenn wir das Leben eines Kindes nachhaltig verbessern können, hat sich der Aufwand schon gelohnt.“ Aber wir ahnen, dass es nicht bei dem einen Kind geblieben ist und das ist ein unglaublich schönes Gefühl.

Aber ein Faktor ist sicherlich auch nicht zu unterschätzen: Wir haben einfach Spaß an der Organisation. Wir sind Freunde, die ein gemeinsames Hobby haben und die zumindest in Teilen auf eine unglaublich intensive Zeit in Indien zurückschauen können.  

Was war der ergreifendste Moment auf Euren Projektreisen?

Davon gab es unglaublich viele. Ich könnte jeden einzelnen Tag der Tour nacherzählen, so stark haben mich die Tage damals geprägt. Dennoch gab es natürlich Momente, die besonders eindrücklich waren. Die Strapazen der Tour sind dabei vollkommen in den Hintergrund getreten. Die Besuche in den Dorfschulen waren alle für sich besonders beeindruckend, der Besuch einer Leprastation, die Flüchtlingscamps, die keiner von uns jemals vergessen kann. Der Bahnhof in Guwahati. Aber nicht nur die Schwere, auch die Freude der Menschen über unser Engagement waren prägend. Die Flora, die Fauna, der Geruch – Indien nimmt man mit allen Sinnen wahr.

Zudem ist unsere Tour damals in den indischen Medien auf ein großes Echo gestossen. Das war etwas surreal, sich selbst immer wieder in den Medien zu sehen. Fünf einfache Studenten… Wir wurden am Flughafen von 200 Leuten begrüßt. Wir hatten Pressekonferenzen vor 30 Journalisten aus allen Medien. Wir haben einen „Walk for Peace“ mit tausenden Teilnehmern angeführt. Wir sind auf Elefanten geritten, haben mit einer Königin in den Bergen Meghalayas Tee getrunken, haben indigene Sportwettkämpfe gegen Urvölker gemacht, waren auf Tee-Plantagen, haben wilde Elefanten bei ihrer Wanderung beobachtet, waren die einzigen, die bei einem Generalstreik fahren durften, mussten unsere Räder über Brücken tragen und sind durch Flüsse gefahren, wurden von Polizeiwagen mit Sirenen eskortiert, haben Berge erklommen und kleine Tiefs gemeinsam überwunden. Sind 2500 Kilometer geradelt. Haben Dinge gegessen und getrunken, die wir unseren Kindern verbieten würden und haben unglaubliche Menschen kennen gelernt.

Wann ist die nächste Projektreise geplant?

Wir sind mittlerweile alle in „normalen“ Jobs, haben vielfach Kinder. Das macht es nicht leicht. Das Fernweh ist da und die Neugierde darauf, wie unsere Projekte heute aussehen, auch. Aber konkrete Pläne haben wir aktuell nicht. Aber wenn, dann liebend gerne wieder mit dem Rad…

Wenn Du den Kindern in Snehalaya eine Brieftaube schicken könntest, welche Botschaft soll sie übermitteln?

„Wir sind an Eurer Seite. Immer.“

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