Podiumsdiskussion mit Experten für Migrationsentwicklung

Ländern des globalen Südens, wie Nepal, Bangladesch und Indien, geht Jahr für Jahr in hohem Masse Potenzial verloren. Als Arbeitsmigranten erhoffen sich viele Menschen ein besseres Einkommen in der Ferne. Sie verlassen ihre Heimat auf der Suche nach besser bezahlten Jobs. Viele möchten ihre Familien und die Ausbildung ihrer Kinder unterstützen. Doch gerade die wenig Gebildeten unter ihnen geraten oftmals in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse.

Um sich mit den Ursachen und möglichen Lösungen für diese Problematik auseinander zu setzen hat Childaid Network, gemeinsam mit dem Haus am Dom in Frankfurt am 16. Februar 2023 zu einer Podiumsdiskussion geladen.

Strukturelle Armut weit verbreitet

Dr. Stefan Klonner, Professor für Entwicklungsökonomie an der Universität Heidelberg wies gleich zu Beginn darauf hin, dass die strukturelle Armut in den Ländern des globalen Südens noch immer sehr weit verbreitet sei, sodass der Druck, der auf den Gesellschaften lastet, immens ist. Aufgrund der sehr jungen Bevölkerungsstruktur sind zugleich sehr viele Menschen betroffen, die agil und willens sind, ihre ökonomische Situation und die ihrer Familien zu verbessern.

Perspektivlosigkeit als Motiv

Dr. Benjamin Schraven, Entwicklungsforscher und Berater der Weltbank, der Europäischen Kommission, des BMZ und der GIZ gab zu bedenken, dass die Entscheidung zu migrieren, bei vielen Menschen aus großer Perspektivlosigkeit über die eigene Situation fällt. Die Situation in der eigenen Heimat ist so schlecht, dass sie keine andere Möglichkeit sehen und der Wunsch, den eigenen Kinder eine bessere Zukunft zu ermöglichen ist ein starker Treiber.

Gute Bildung ist unbezahlbar geworden

Ein weiteres zentrales Motiv für den enormen Zuwachs von Arbeitsmigration im globalen Süden sei die schlechte Bildungssituation in den Heimatländern, so Dr. Martin Kasper von Childaid Network. Gute Bildung für die Kinder sei häufig nur in teuren Privatschulen erhältlich. Laut UNESCO Weltbildungsbericht 2022 sind sieben von zehn neu gegründeten Schulen in bevölkerungsreichen Indien Privatschulen. Dabei steigen die Schulgebühren mit jedem weiteren Schuljahr. Für viele Menschen ist deshalb gute Bildung unbezahlbar. Um ihren Kindern den Besuch dieser Schulen zu ermöglichen, verlassen Eltern die Familien, um im Ausland Geld zu verdienen. Programme zur Verbesserung der staatlichen Bildungssituation können deshalb Verzweiflungsmigration deutlich reduzieren.

Fazit

In ihrem Fazit stellten die Podiumsgäste übereinstimmend fest, dass Migration an sich nichts Schlechtes sei, sondern sogar einen positiven Effekt haben könne, weil durch Rücktransfer in die Heimat die Entwicklung vor Ort verbessert werden könne. Notwendig seien aber gesicherte und faire Arbeitsbedingungen für die entsendeten Menschen. Auch hier ist ein hinreichend gutes Bildungsniveau der Arbeitskräfte eine wichtige Voraussetzung, damit Missstände schneller erkannt werden können. So können auch Rücktransfers einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung von Bildung und Infrastruktur leisten und die Chancen der nächsten Generation auf ein selbstbestimmtes und gesundes Leben in der Heimat verbessern.

An der Diskussion haben teilgenommen:

Prof. Stefan Klonner

Prof. Dr. Stefan Klonner

Stefan Klonner ist seit 2010 Professor und Leiter der Abteilung Entwicklungsökonomie am Südasien-Institut der Universität Heidelberg. Zuvor war er an der Goethe-Universität in Frankfurt, sowie an den Universitäten Yale und Cornell in den USA tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind Kreditmärkte, Gesundheit und Armutsreduzierung in Entwicklungsländern, insbesondere Indien. Ein aktuelles Forschungsprojekt zu Gender-Fragen führte ihn zuletzt auch nach Nordostindien.

Dr. Benjamin Schraven

Dr. Benjamin Schraven

Entwicklungsforscher und Experte für Migrationspolitik, arbeitet zu Themen wie klimabedingter Migration, Migrationstrends in Afrika oder Migration im Kontext der Entwicklungspolitik. Dr. Schraven ist Associate Fellow des German Institute of Development and Sustainability (IDOS) und berät diverse Institutionen im Bereich der Entwicklungs- und Migrationspolitik, darunter BMZ, GIZ, Weltbank und Europäische Kommission. Er publiziert regelmäßig in wissenschaftlichen Fachzeitschriften sowie in überregionalen (internationalen) Tageszeitungen wie der Washington Post und der ZEIT. 

Martin Kasper

Dr. Martin Kasper

Gründer und ehrenamtlicher Vorstand von Childaid Network.

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